Montag, 23. Juni 2014

Beeindruckendes Baudenkmal oder verkommener Betonklotz?

Die Bürgerinitiative „Rettet das MOZ“ kämpft um den Erhalt der ehemaligen Mozartschule – und damit gegen die Pläne des städtischen Eigentümers 

Vergilbte Fensterläden, 50er-Jahre-Charme, ein ungepflegter Innenhof: Die alte Mozartschule zwischen Residenz und Dom, unter anderem Spielstätte des Central-Kinos, hält Würzburg in Atem. Abreisen oder als einzigartiges Denkmal sanieren und weiter öffentlich nutzen? Warum sich eine Bürgerinitiative mit dem Slogan „Kultur ins Zentrum“ so vehement für letzteres einsetzt, wird wohl erst auf den zweiten Blick klar.


Abgeblätterter Putz an der Seitenfassade des MOZ in der Maxstraße: Mit Absicht habe die Stadt nicht saniert, so der Vorwurf der Bürgerinitiative. 
 
Jörg Töppner und Jörg Fuchs von der Bürgerinitiative „Rettet das MOZ“ postieren sich auf dem großflächigen, steinernen Vorplatz in der Hofstraße. Von dort haben sie einen guten Blick auf die dreiflüglige Vorderansicht der ehemaligen Mozartschule: Der weiße Lack blättert von den Fensterrahmen, die Putzfarbe ist schmutzig-verwaschen, die Architektur der 1950er Jahre wohl Geschmackssache.

„Auf den ersten Blick ist die Anlage wirklich grausig heruntergekommen und hässlich“, gibt Kulturwissenschaftler Fuchs zu und bestätigt damit wohl den Eindruck so manchen Würzburgers. Doch er und seine Mitstreiter sehen das „MOZ“ primär ganz anders. „Die Architektur ist ein beeindruckendes Zeugnis jüngerer Würzburger Geschichte – sie versucht in jedem Detail Leichtigkeit und Transparenz auszudrücken in klarer Abgrenzung zur faschistischen Monumentalbauweise.“

Die Stadt als Eigentümer, so der Vorwurf, habe absichtlich nötige Sanierungen der denkmalgeschützten Anlage unterlassen – um ein Argument gegen den Erhalt zu bekommen. Fast 45 Jahre lang – seit der Fertigstellung durch Architekt Rudolf Schlick – hatte das Gebäude der Mozartschule gedient. 2001 wurde diese geschlossen – fünf Jahre später beschloss der Stadtrat den Abriss. Nun läuft das Veräußerungsverfahren auf der Suche nach einem geeigneten Investor. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit, deshalb ist bisher nur vage bekannt, dass ein Interessent das Areal zum Geschäfts-, Hotel-, Büro- und Wohnungskomplex umgestalten will. 

Beeindruckende Architektur – bedroht durch Privatisierung 

Eine Privatisierung und Wegnahme öffentlichen Raums die – neben dem Verlust des Baudenkmals – auch die urbane Lebensqualität mindern würde, argumentiert die Bürgerinitiative. Mit Kultur- und Bildungsangeboten wie VHS-Kursen und einer Yogaschule werde das Gebäude momentan vollständig und lebendig genutzt. Ein Einkaufszentrum bringe solche Aktivität zum Erliegen: Schließung nach 20 Uhr, aussterbende Kaufkraft durch den Internethandel, Zerstörung der gewachsenen Kulturachse zwischen Residenz und Dom.


Weltliche und kirchliche Elemente verbindet diese Wandbemalung im Inneren des ehemaligen Schulhauses – Anspielungen auf den Bildungsauftrag genau wie die baulichen Nachbarn Residenz und Dom

Auch der Deutsche Kunsthistorikertag appellierte 2011 unter Hinweis auf den „hohen künstlerischen und städtebaulichen Wert“ gegen einen Abriss des MOZ. Beim Gang durch die ehemalige Schule geraten Töppner und Fuchs – neben den aus ihrer Sicht rationalen Gründen gegen einen Abriss – auch emotional ins Schwärmen. Wenn etwa die großflächige Wandbemalung im Schulhaus raffiniert biblische Bilder, in Anspielung auf die bauliche Nachbarschaft, mit weltlichen Bildungsmotiven verwebt. Beim Blick in den offenen Aulavorraum – bekannt jedem Central-Kinobesucher – von der filigran geschwungene Treppenaufgänge auf eine Galerie führen. Und auch im großzügigen, saftig-grünen Innenhof, der von alten Bäumen gesäumt ist; hinter denen die Fassaden von Residenz und Dom hervorblitzen. 

Nicht „ewig gestrig“ 

So bildeten die MOZ-Liebhaber und ihre Mitstreiter 2012 eine Initiative, die sich seither für den Erhalt des Gebäudes einsetzt. Vor einem halben Jahr starteten sie sogar ein Begehren, bei dem laut Töppner und Fuchs schon genügend Bürger unterschrieben haben, um einen Entscheid zu erzwingen. Offiziell einreichen wollen sie die Listen aber erst wenn klar ist, welche Richtung der neue Stadtrat in Sachen MOZ einschlägt.
Was nach Vorstellung der MOZ-Initiative mit dem Gebäude geschehen soll? Zuerst einmal, so ist man sich einig, müsse gründlich saniert werden. Dann aber seien vielfältige Nutzungsmöglichkeiten denkbar, denn, so stellt Jörg Töppner klar: „Wir sind keine ewig Gestrigen, die sich gern an altem Zeug berauschen, sind weder innovations- noch investitionsfeindlich.“ Gemeinsam sollten die Würzburger Ideen entwickeln; wichtig wäre aber, die Kultur- und Bildungsidee beizubehalten. Und auch dem Vorschlag von Stadtheimatpfleger Hans Steidle steht man positiv gegenüber: Ein Welterbezentrum, das Touristen auf der Route der Würzburger Sehenswürdigkeiten mit Informationen empfinge. Mit einem steinernen Vorplatz, der dann wieder, so die Vision einen eindrücklicheren Anblick bieten sollte als heute.


„Keine ewig Gestrigen, die sich an altem Zeug berauschen“: Jörg Fuchs und Jörg Töppner (v.l.) von der Bürgerinitiative „Rettet das MOZ“ möchten das denkmalgeschützte Gebäude erhalten; stehen innovativen Ideen aber offen gegenüber.

Text und Bilder: Judith Dauwalter

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen