Mittwoch, 29. Januar 2014

Rivalitäten im Hörsaal?


„Ich gegen Dich – Der harte Konkurrenzkampf unter Studenten“ titelt der Uni Spiegel. Doch ist dieser harte Konkurrenzkampf auch im Alltag von Würzburger Studierenden tatsächlich bereits Realität? Oder noch viel interessanter: Was scheint die Ursache an dem immer stärker wachsendem Druck zu sein? Verschwindet das Gemeinschaftsgefühl unter Studierenden und regiert die Ellenbogenmentalität?

Konkurrenzdruck ist auch im Studium ein Thema
Müssen wir gewappnet sein, uns stetig gegen andere durchzusetzen und ist ein ständiger Wettstreit mit Kommilitonen notwendig, um  bessere Noten oder einen beeindruckenden Lebenslauf zu erzielen?
 Eine repräsentative Studie der Universität Konstanz fand heraus, dass der Konkurrenzendruck an deutschen Universitäten zunimmt.  Jeder fünfte Studierende leidet inzwischen unter häufigen Vergleichsprozessen mit Mitstudenten. Doch wo führt dieser Konkurrenzdruck uns im schlimmsten Fall hin -  zum „Burnout beim Bachelor“ oder zur Exmatrikulation? Lauscht man Gesprächen auf den Hörsaalgängen oder im Bus, erklingt oft: „Ich habe das Wochenende schon wieder nichts für die Uni geschafft. Wie weit bist du in Statistik?“ oder „Hast du schon zusammengefasst?“. Ein Dauer-schlechtes-Gewissen bestimmt oft den Tag und der Vergleich mit anderen hat einen weiteren Grund: Feedback. In den wenigsten Studiengängen erhalten Studierende vor absolvierter Prüfung eine Bestätigung über ihre bisherigen Leistungen.
„Pimp my Lebenslauf“ oder „Plan your career“, lauten die Schriftzüge auf den neonfarbenen Postkarten des Career Service. Eine gute Möglichkeit, sich Soft Skills anzueignen, den Lebenslauf „aufzupimpen“ und sich neben dem regulären Studium weiterzubilden. Aber nicht nur Leistungspunkte und gute Noten können dazu führen, dass Studierende Druck empfinden. Ein weiterer Faktor sind Vergleiche mit Mitstudierenden bei Weiterbildungsmöglichkeiten außerhalb des Grundstudiums. Auslandsaufenthalte, Praktika, Fremdsprachen, berufsbezogene Nebenjobs oder eine Anstellung als Hilfswissenschaftler stehen als Pflichtprogramm auf vielen „To-Do-Listen“.
Unter dem Motto „Lernerfolg verdoppeln – Prüfungsangst halbieren“  war  der Autor Martin Krengel an der Würzburger Universität zu Gast. Er beschreibt zu Beginn in seinem Buch „Bestnote“ wie immer mehr Studierende zu Lernpillen, unter anderem Ritalin,  greifen, um die Prüfungsleistung zu steigern. Hier gilt: Lern- und Konzentrationstechniken helfen zur wirklichen Leistungssteigerung. Dennoch zeigt eine solche Risikobereitschaft, zu welchen Mitteln Studierende bereit sind, um dem Druck standzuhalten. Oder ist Druck etwas, was von uns selbst kommt, was wir selber steuern können und was mit den richtigen Strategien zu weniger Konkurrenz und zu mehr Selbstbewusstsein führt? Das richtige Zeitmanagement und die Einteilung der Aufgaben in kleine Häppchen führt  laut  dem Psychologen Martin Krengel zur leichten Aufgabenbewältigung. Sich selbst besser zu kennen, nicht ständig zu vergleichen und kleine Ziele zu setzen,  hilft Studierenden sich von dem Konkurrenzkampf zu entfernen.
Das Thema Konkurrenzdruck beschäftigt scheinbar immer mehr Studierende. Ein Grund hierfür könnte der stark verschulte Bachelorstudiengang sein, der die Studenten immer mehr zum Messen und Vergleichen zwingt. Jakob studiert im ersten Semester in Würzburg Jura auf Staatsexamen. Der  selbstdisziplinierte Student absolvierte bereits einen Bachelorabschluss in Soziologie, Wirtschafts- und Sozialpsychologie an der Georg-August-Universität Göttingen. Er bestätigt, dass er sich häufig mit Kommilitonen vergleicht und es ihn wurmt, wenn diese über mehr Wissen verfügen.  „Andererseits freue ich mich, wenn ich anderen gegenüber über einen Wissensvorsprung verfüge. Das bedeutet, die kontinuierliche Mitarbeit zahlt sich aus. Ich würde das aber nicht als Konkurrenzdenken auffassen, sondern als gute Vergleichsmöglichkeit.“
Ein Leben ohne messen und vergleichen ist nahezu unmöglich und kann  in Maßen dazu führen, sich selbst weiterzuentwickeln. Wenn man die Theorie des Sozialen Vergleichs nach Festinger betrachtet, führen Aufwärtsvergleiche, der Vergleich mit Menschen, die einem in bestimmten Fähigkeiten überlegen sind, zur Verbesserung der eigenen. Der Aufwärtsvergleich gibt  uns die Möglichkeit, uns selbst in einem kritischen Licht zu betrachten und auch zukünftig weiter an uns zu arbeiten.
So ist auch der angehende Jurist Jakob der Meinung, dass Konkurrenzdenken in geordnetem Maße sich förderlich und motivierend auf das Studium auswirken kann. „Das Streben danach, besser zu sein als andere spiegelt sich in nahezu allen Teilen der Gesellschaft wieder. Ohne dieses Denken könnte es auch passieren, das der Anreiz fehlt, sich besondere Mühe zu geben. Konkurrenzkampf mit fairen Mitteln und bei ähnlichen Chancen ist in Ordnung und kann auch Spaß machen. Im Studium sehe ich meine Kommilitonen allerdings weniger als Konkurrenten, sondern vielmehr als Mitstreiter in gemeinsamer Sache.“
Der wahre Feind heißt anscheinend auch an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg immer noch  „Prüfung“ und nicht „Kommilitone“. Doch sollten wir uns alle daran erinnern, dass wir nicht nur leben, um Leistung zu erbringen. Wer immer nur die richtige Karrierelaufbahn plant, nach dem perfekten Lebenslauf strebt – sollte nicht vergessen, sich Zeit für sich und den Moment zu nehmen. Kraft zu tanken, sich zu besinnen und erst dann wieder durchzustarten. 

Text: Janina Renk
Foto:  Jennifer Saalfrank/jugenfotos.de

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